Investoren-Deal DFL - WTF

Der Weg für den Investoren-Deal der DFL ist nun frei. Es wird ja ausgiebig darüber berichtet und das Abstimmungsverhalten einzelner Personen und Klubs beleuchtet.

Was mir allerdings bisher fehlte in der Berichterstattung und ich auch nicht auf die Schnelle online finden konnte ist eine Rechnung was für den Investor dabei herausspringt.

Die kolportierte Verhandlungsbasis mit dem Investor ist ja 8% der Medieneinnahmen der DFL für 20 Jahre als Gegenleistung für 1 Mrd. Euro.

Laut https://www.dfl.de/de/aktuelles/dfl-praesidium-fasst-beschluss-zur-verte... hat die DFL folgende Medienerlöse:

- im Schnitt 1,1 Mrd pro Saison aus den deutschsprachigen Medienrechte für die Saisons 2021/2022 bis 2024/2025
- 180 Mio Euro internationale Medienerlöse für 2021/2022

Das wären 1,28 Mrd Euro Medienerlöse pro Saison.

8% davon sind 102,4 Mio Euro. Auf 20 Jahre sind das 2,048 Mrd Euro.

Dem Investor winkt also eine Verdopplung seiner Einlage innerhalb von 20 Jahren, das entspricht einem Zinssatz von 5,24%. In der aktuellen Zinsphase und wenn der Investor auch das Risiko eines Rückgangs der Medienerlöse mitträgt, scheint das ein halbwegs fairer Deal zu sein.

Wenn man sich allerdings Daten bei Statista dazu ansieht https://de.statista.com/statistik/daten/studie/77083/umfrage/erloes-des-... werden dort deutlich höhere Einnahme benannt. Wenn man mit 1.5 Mrd Euro Erlösen pro Jahr rechnen würde, wäre man mit 8% davon bei einer Verzinsung von 7% über 20 Jahre.

Auf dieser Basis scheint das also zumindest kein vollkommen schlechtes Geschäft für die DFL zu sein, wie der Einstieg eines Investors bei der Ligue1 wo man einen Teil der Erlöse dauerhaft an den Investor abtritt. Die Situation war dort sicherlich auch anders und eventuell stand da das gesamte System auf der Kippe, was dann zu diesem Deal geführt haben könnte.

Trotzdem wundert es mich ein wenig, dass die DFL zusammen mit den Klubs ihre Vorhaben nicht herkömmlich finanzieren kann oder will (über Kredite, Anleihen, etc.).

Mir scheint es fast so, als sei die DFL bzw. die Klubs von den mit dem Geld zu finanzierenden Maßnahmen selbst nicht so ganz überzeugt (geht mir ehrlich gesagt auch so) und man projeziert dann gewisse (unrealistische) Hoffnungen in diesen Investor-Einstieg um die Lücke zur Premier League zu schließen. Der Investor soll Kontakte und Know-How haben, die die DFL nicht hat und die Einkünfte steigern, so dass das eine Win-Win-Situation wird. Das sieht für mich nach Wunschdenken aus und der Investor lässt die DFL mal träumen, wird seinen Vertrag aber so auslegen, dass es für ihn auch ohne Steigerung der Einkünfte eine gute Geldanlage bleibt. Und möglicherweise zieht der Investor dann über sein "Know-How" und irgendwelche Firmen-Konstrukte und Kungeleien auch noch ordentlich von dem investierten Geld wieder raus für die Umsetzung der Maßnahmen (wie Online-Plattform etc.).

Nachtrag 14.02.2024:
Die DFL verhandelt nun mit potentiellen Investoren (Stand 14.02.24 ist allerdings nur noch einer, CVC übrig). Die Fans bringen Ihren Unmut sehr deutlich und weitgehend geeint zum Ausdruck. Das zeigt auch Wirkung auf einen Teil der Funktionäre (und vielleicht auch auf die Investoren, man weiß ja nicht warum sich Blackstone jetzt genau zurückzieht). Forderungen nach einer neuerlichen, nicht geheimen Abstimmung werden laut.

Die Kritik entzündet sich zu einem großen Teil an der geheimen Abstimmung die mit exakt den notwendigen 24 Stimmen für den Investoren-Deal ausfiel. Und hier geht es besonders um die Rolle von Martin Kind der für Hannover 96 abgestimmt hat. Vom Verein hatte er die Weisung mit Nein zu stimmen. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat er mit "Ja" gestimmt.

In einem größeren Kontext gesehen ist das aus meiner Sicht genau dieses undurchsichtige Geklüngel welches vielen Menschen zum Hals raushängt und sicherlich auch ein Stück weit Demokratie-Verdrossenheit Vorschub leistet. Beispiele gibt es dazu auf allen Ebenen, wie z. B. Besetzung der EU-Kommisionspräsidentschaft. Zwei Kandidaten (bzw. auch mehr Kandidaten, aber nur zwei aussichtsreiche) machen Wahlkampf, nach der Wahl besetzt eine dritte Person die Präsidentschaft, die nicht im Wahlkampf zur Debatte stand. Klar ist es keine Direktwahl im rechtlichen Sinne, aber dem Anschein nach war es das. Und dann passt es eben nicht. Genauso passt es auch nicht wenn der Investoren-Deal mutmaßlich nur zu Stande kommt weil eine Person entgegen der Weisung des eigenen Vereins gestimmt hat und das auch noch in geheimer Wahl.

Die Krone setzt dem Ganzen jetzt noch Axel Hellmann auf, wenn er in einem Interview verlauten lässt, dass Martin Kind die 24. Stimme für den Investoren-Deal abgegeben habe. Einen Tag später fällt ihm oder jemand anderem dann auf, dass er es bei einer geheimen Wahl ja eigentlich gar nicht wissen kann ob Martin Kind nun für oder gegen den Deal gestimmt hat. Dann korrigiert er sich und faselt etwas vom "Konjunktiv". Das lässt einen schon sprachlos zurück. Entweder hat Axel Hellmann sich da wirklich falsch ausgedrückt, dann stellt man sich aber schon die Frage ob dass nicht von gravierender Inkompetenz zeugt, wenn man in einem Interview zu so einem brisanten Thema ein solchen kapitalen Fehler einbaut. Es war sicherlich nicht zu erwarten, dass das Interview irgendwie unter dem Radar durchrutschen würde bei der aktuellen Medienpräsenz des Themas. Oder aber Axel Hellmann weiß vielleicht wirklich wie Martin Kind abgestimmt hat, in dem Fall gilt aber eigentlich das vorher Gesagte fast genauso.

Gleichzeitig werden so "Totschlagsargumente" präsentiert von wegen die Abstimmung wäre ja nun gemacht und es gäbe kein Zurück mehr ohne dass es "Schadenersatzforderungen" geben könnte. Auch das würde aus meiner Sicht nur von Inkompetenz zeugen, wenn man sich entweder schon gegenüber den Interessenten im Vorhinein verpflichtet hat (um so mehr da es ja jede Menge Juristen in den Vereinvorständen hat) oder wenn gar Vereine dann die DFL verklagen wollten (das wäre dann auch einfach nur dreist).

Der Eindruck der entsteht ist einfach, dass den Vereinsbossen (zumindest den meisten) die Fans gepflegt am Allerwertesten vorbeigehen und es tatsächlich nur ums Geld geht. Wobei aus meiner Sicht ja auch nicht mal gesagt ist, dass es sich finanziell tatsächlich auszahlen wird und der Schaden der jetzt durch die Verärgerung der Fans entsteht kann auch substanziell werden. Insbesondere Eintracht Frankfurt finde ich hier sehr scheinheilig. Die Fans werden immer wieder gepriesen (Eintracht Takeover in Barcelona, etc.), aber das scheint nur so lange zu gelten wie es der Vereinsführung in den Kram passt.

Ich bin vor ein paar Jahren Eintracht Mitglied geworden, auch wegen Peter Fischers klarer Haltung. Jetzt habe ich die Mitgliedschaft gekündigt, weil ich das Gebahren beim Investoren-Deal wirklich schlimm finde, gerade auch das von Eintracht Frankfurt.

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